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Praxis Dr. Henne, Berg. Gladbach

Variationen zu Licht und Struktur

Werke aus der Wohnhöhle: E. Fulda mit Bildern und Zeichnungen in der Praxis Dr. Henne Bergisch Gladbach

Bergisch Gladbach (ag) Den Vernissage-Gästen seiner Sommer-Praxis-Ausstellung wurde sie von Dr. Günter Henne vorgestellt als „eine der letzten ‚Höhlenbewohnerinnen‘ unserer Zeit“, denn: Elfriede Fulda verlegt in regelmäßigen Abständen ihr Atelier von Köln nach Santorin, in eine Wohnhöhle, die sie sich dort, im Vulkangestein der südlichsten Kykladeninsel, eingerichtet hat. Da studiert sie dann, seit zehn Jahren und mit immer neuen Ergebnissen, das Thema „Licht und Landschaft“ – mit seinen spezifisch griechischen Eigenheiten; übt sich darin, dies Thema zu analysieren und zu definieren, zu erfassen als malerische Struktur. Oder: sie hält Menschen, Häuser, Situationen als Momentaufnahme in der Zeichnung fest, sehr sicher, sehr genau, sehr sparsam im Strich, bisweilen auch stilisiert und mythisiert. „In Griechenland“, sagt Elfriede Fulda, „habe ich viel gelernt, vor allem die Reduktion, die einfache Darstellung, die sich schließlich auf die Linie“ konzentriert.  Gelernt hat sie zuvor, in den vierziger Jahren, Gebrauchsgrafik und Schrift an den Kölner Werkschulen, Glasmalerei- und Mosaik an der Kunstakademie Stuttgart. Ihre ersten Aufträge zur Kunst als „Brotberuf“ waren Plakate für den zoologischen Garten Wilhelma und Schloss Ludwigsburg, dazu gehörten – nach 1950 – neben Buchumschlägen und Illustrationen auch Schallplattencover und – der Entwurf für den heutigen Kopf des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Fulda-Kirchenfenster wurden mitbestimmend für die Architektur der Versöhnungskirche in Köln-Ehrenfeld, des Jugendheims am Kartäuserwall, der evangelischen Kirche in Köln-Mauenheim und im rheinisch-bergischen Forsbach. Die Glasmalerei hat lange und nachdrücklich die Fulda-Malerei überhaupt geprägt, in Kontur und klarer, leuchtender Farbe. Die Emanzipation von „meiner Kirchenfensterzeit“ bedeutete für Elfriede Fulda, den Zusammenhängen von Farbe und Rhythmus in der freien Komposition nachzuspüren, Farben zu lösen aus gegenstandsbezogener Funktion, Erfahrungen aus dem Umgang mit Raum, Form und Bewegung und – immer wieder – mit Licht ins Bild zu übertragen. Kreative Leitmotive des Konstruktivismus wurden dabei wirksam (bis hin zum abstrakten Expressionismus), sowie „starke Impulse“ – so Elfriede Fulda – von Adolf Hoelzel verarbeitet. Wie er, liebt sie die volltönenden Akkorde im Wechselspiel von Erfindung und Empfindung. Die jüngsten Arbeiten beweisen ungebrochene Freude am Experiment. Die Ausstellung „Elfriede Fulda – Bilder und Zeichnungen“ in der Praxis Dr. med. Henne, Hauptstraße 102, dauert bis zum 15. Juli und kann während der Sprechstunde besichtigt werden.
Annelis Griebler

KSTA vom 13. 6. 1984
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Praxis Dr. Henne, Berg. Gladbach

Lichte Szenerien wurden mit leichter Linie hingeworfen

Bergisch Gladbach (ag). Es sind kaum 20 Linien, die mit lockerem Tusch-Strich das gutmütige Gesicht eines griechischen Hirten skizzieren. Und doch sieht der Betrachter den heilig wirkenden Alten ebenso leibhaftig vor sich, wie die knorrige Alte hinter ihrem Schleier oder das Mädchen im Hochzeitskleid, die schlicht gerahmt in seiner Nähe hängen. Es sind Zeichnungen von Elfriede Fulda, von der 85 Exponate bis zum 15. Juli in der 24. Praxisausstellung bei Dr. Günter und Ursel Henne, Hauptstraße 102, zusammengestellt sind. Während der Praxisstunden und nach Vereinbarung, Rufnummer (0 22 02) 513 20, können die Arbeiten angesehen werden. Der Gang lohnt sich. Nicht nur wegen der leichten Linienführung und abwechslungsreichen Strukturgestaltung, sondern vor allem auch wegen der vielseitigen Arbeitsweise der Künstlerin. Nach einer kaufmännischen Lehre studierte sie Gebrauchsgrafik an der Werkschule Köln, arbeitete als Grafikerin in Dessau und Köln, um dann von 1948 bis 1950 an der Kunstakademie Stuttgart Glasmalerei und Mosaik zu studieren. „Bis ich 23 Jahre alt war, hatte ich noch kein modernes Bild gesehen.“ Die Künstlerin blickt auf ein Aquarell von 1944: Warme; erdige Farben verschmelzen zu einer ruhigen Dorfszenerie am See. Auch die beiden Mädchen in Öl, die am Praxiseingang den Besucher begrüßen, sind Zeugen der Zeit, als Elfriede Fulda „erst glücklich“ war, wenn sie „ein Bild hatte“. Die ersten Ausstellungen, seit 1943 in Quedlinburg, Köln und Iserlohn, waren von dieser gegenständlichen Malerei geprägt. Der Kontakt mit moderner Malerei und Aufenthalte auf der Insel Santorin veränderten das Schaffen: Pittoreske Dorfidyllen skizzenhaft aufs Papier geworfen, vergegenwärtigen mit größter Einfachheit, auf die Linie beschränkt, den lichtdurchfluteten Süden. Durch neu entwickelte Techniken mit verdünnter Ölfarbe und Wassertröpfchen auf Papier und Plexiglas sind zudem Bilder entstanden, bei denen Struktur und Farbigkeit dominieren. Der Mensch wird in sie eingebettet.

aus: Kölnische Rundschau vom 14. 6. 1984