Bildsprache interpretiert eine verständliche Umwelt
Kölner Malerin stellt in der Thomas-Morus-Akademie aus
Bensberg (ag) – Elfriede Fulda (Köln) stellt seit letzten Samstag in der Thomas-Morus-Akademie aus. Wie ernst das Leben ist, weiß sie, wie heiter die Kunst sein kann, zeigt sie: in 80 malerischen und graphischen. Arbeiten. Fast alles, was sie präsentiert, ist kleinformatig. Nach mehr als zehnjähriger Pause ist dies wieder die erste Ausstellung der Kölnerin. Während dieses Jahrzehnts hat sie vorwiegend als Gebrauchsgraphikerin gearbeitet und – als Glasmalerin – in überdurchschnittlichen Dimensionen. Sie findet nun in der Reduzierung des Formats auf ein Mittelmaß bei der Gelegenheit dieser Ausstellung neue Ausgangspunkte zu kompaktem, zugleich subtilem und komprimiertem Ausdruck. Die Bilder darf man in ihrer Überzahl ruhig Kabinettstückchen nennen; kaum eines ist dabei, mit dem man nicht ausgesprochen gut auskommen könnte, wenn man es stets um sich hätte. Manches ist ausgesprochen reizend, hübsch – aber nicht verspielt. Dazu sind die Farben in ihrem unmittelbaren Verhältnis zueinander zu genau kalkuliert, dazu sind auch die Techniken zu raffiniert. Tachistische Wesenszüge sind unübersehbar, oft weist die minutiöse Flächenaufteilung auch die Struktur-treue der Glasmalerin aus. Bleiverglasungen, nicht da, aber denkbar, verhindern Unsicherheiten, verhüten, dass irgend etwas zerfließe. Nie entfernt Elfriede Fulda sich völlig vom Gegenstand, selten aber wird der Gegenstand unbedingter Mittelpunkt der Darstellung.
Die Bildsprache, mitunter von kindlicher Unbefangenheit und immer erfüllt von großer Freundlichkeit, interpretiert eine erfaßbare, verständliche Umwelt. Das Verhältnis zur Farbe ist vollkommen unkompliziert: eine Rose ist rosa, und fremde Küsten bedeuten noch Freude am Abenteuer mit der Phantasie dies nie Gesehenen. Im übrigen schließt der Umgang mit der Farbe auch die Kunst des Weglassens ein. Und es ist schwer zu sagen, was schließlich eindrucksvoller bleibt: das Schöpfen aus dem Vollen oder die Transparenz. Allenthalben ist mit untadeliger Akkuratesse und ohne jeden Anflug von Scharlatanerie gearbeitet. Frau Fulda schlicht: „Ich habe Zeichnen gelernt.“ Sie lernte es an der Akademie für bildende Künste in Stuttgart (Wandmalerei, Glasfenstergestaltung, Mosaik). Glasfenstergestaltungen machten sie in den letzten Jahren besonders in Köln-Ehrenfeld (Versöhnungskirche) und in Köln-Mauenheim (Philipp-Nicolai-Kirche) bekannt. Ihre Ausstellung in der Thomas-Morus-Akademie eröffnete der Herr des Hauses, Dr. Hermann Boventer, am Samstagnachmittaq mit einem Nietzsche-Zitat: „Wir haben die Kunst, damit wir nicht an der Wahrheit zugrunde gehen.“ Die Fulda-Arbeiten bleiben zu Gast in der Akademie voraussichtlich bis Februar 1970.
Annelis Griebler
KSTA 2.12. 1969
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Sehnsucht nach Geborgenheit
Elfriede Fulda stellt in der Thomas-Morus-Akademie aus
Bensberg. (kk) in der Thomas – Morus – Akademie eröffnete am Samstag Dr. Hermann Boventer eine Ausstellung der Kölner Malerin Elfriede Fulda (48), die 80 Aquarelle, Bilder in Mischtechniken, Entwürfe für Glasfenster und Federzeichnungen zeigt. Interessenten haben bis Februar Gelegenheit, die sehenswerte Ausstellung zu besuchen. Die Künstlerin, die sich ihr Rüstzeug an den Kölner Werkschulen und an der Akademie für Bildende Künste in Stuttgart holte, begann – weil die Kunst nach Brot gehen muß – mit der Gebrauchsgraphik (Buchverlage, Schallplattenfirmen). Seit 1955 wurde sie durch große Glasfenstergestaltungen für sakrale und profane Bauten bekannt. Elfriede Fulda läßt sich weder auf Experimente ein noch in Ismen einordnen. Die Befreiung von der Linie und der vordergründigen Fläche (Ornament) sowie der Vorstoß in die malerische (nicht perspektivische) Räumlichkeit ist ihr ein inneres Anliegen. Künstler, die mit der Gebrauchsgraphik ihr Leben fristen müssen, können das nur stufenweise tun. Das offenbart sich auch in dieser Ausstellung. Fuldas Aquarelle können zum Beispiel nicht absolut genannt werden, weil sie nicht mit dem Weiß des Paniers arbeitet. Oder: Das Bild „Häuser“ ist noch ganz vom Ornamentalen her geprägt, wie es das Kirchenfenster verlangt. Ihre Befreiung von den Fesseln der Gebrauchsgraphik kommt stark von der Farbe her, die sich kontrastreich besonders in ihre Aquarelle drängt. Das wiederum beweist, daß ihr das Malen nicht nur ausgleichende Betätigung, sondern ein Mittel zur Offenbarung ist. Die stärkste Aussage kommt deshalb bei Elfriede Fulda von der Malerei. Da sind Spuren von Noldes mystisch empfundenen Landschaften, von Kandinsky und Klee. Aber das nur nebenbei. Etwas anderes schaut als Bekenntnis aus vielen Bildern der Künstlerin: die Sehnsucht nach dem Geborgensein in einer hektischen, überzivilisierten Welt, die den Menschen zur Zahl degradiert.
Ganz stark und gekonnt kommt das in vielen ihrer Städte, und Häuserbilder zum Ausdruck, die in fünf Griechenlandbesuchen entstanden. Oft kehren diese Motive wieder. Elfriede Fulda folgte nicht den 08/15-Spuren antiker Göttertempel, sondern hielt Einkehr am Herdfeuer kleiner Häuser in Karstlandschaften – fernab von den Betonwohnmaschinen unserer Ballungsgebiete. Hier wird durch die Kunst offenbar, wie der Mensch westlicher Zivilisation zwischen dem geheimen Wunsch nach häuslicher Intimität und programmierter Wirklichkeit lebt. Malerisch kommt die Sehnsucht nach Geborgenheit in Elfriede Fuldas Bildern oft auch durch ein Symbol zum Ausdruck: den Kreis. Er taucht – konturiert – als Sonne, Mond oder Lichtkranz einer Laterne immer wieder auf und läßt den Wunsch nach Miteinander in der Gemeinschaft nach Fürsorge und Harmonie nach einer überschaubaren Ordnung und der Pflege menschlicher Beziehungen erkennen. Freilich manchmal irrt der Blick der Künstlerin in eine andere Welt („Blumen auf einem anderen Stern“), obwohl diese Welt durch die Mondfahrer desillusioniert wurde. Aber wem geht das nicht gelegentlich einmal so, wenn er an dieser Welt zweifelt? Ein Wort noch zu den Federzeichnungen: Der Strich ist ebenso sparsam (im Weglassen liegt die Kunst) wie feminin. Der Illustrationscharakter überwiegt, manchmal fehlt die Spannung, weil die Zeichnung in der Skizze steckengeblieben ist. Elfriede Fuldas Stärke und künstlerische Ausdruckskraft liegt doch mehr bei der Farbe, die sie wohl in abgestuften Tönen setzt.
Kurt König
Kölnische Rundschau 2. 12. 1969
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